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Über das Institut

Grundlegende Fragen in den Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften haben seit jeher Mathematiker zur Suche nach neuen mathematischen Strukturen und Methoden inspiriert. Die Wechselwirkung zwischen Mathematik und den Naturwissenschaften steht im Mittelpunkt der Forschung am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MiS).

Institutsprofil

Unser Institut ist eines von zwei mathematisch orientierten Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, an dem etwa 150 Wissenschaftler und Doktoranden an einer Vielzahl von Forschungsproblemen arbeiten.

Das Institut forscht auf dem Gebiet der reinen und angewandten Mathematik und fördert die Verknüpfung von Ideen zwischen Mathematik und Naturwissenschaften beider Richtungen. Die Erfahrungen der Geschichte zeigen, dass die grundlegenden Probleme der Physik, Chemie, Biologie und anderer Wissenschaften zu wichtigen Neuentwicklungen in der Mathematik geführt haben, während die Mathematik einen tiefgreifenden Einfluss auf diese Wissensgebiete hatte. So führten zum Beispiel Fouriers Untersuchungen der Wärmeleitungsgleichungen zur Entwicklung der Theorie der Fourier-Reihen und ganz allgemein zur Entstehung der harmonischen Analyse. Darüber hinaus inspirierte seine praktische Arbeit als Vermessungsingenieur Gauß, einen der größten Mathematiker aller Zeiten, zur Entwicklung seiner Theorie der Flächen und der Differentialgeometrie. Diese wiederum bildet die Grundlage für Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie und das heutige Standardmodell in der Elementarteilchenphysik. Heisenbergs Formulierung der Quantenmechanik beschleunigte auch die Entwicklung der Funktionalanalysis, insbesondere der Spektraltheorie für Operatoren. Schließlich wird das Standardmodell der Elementarteilchen im Rahmen von Eichfeldtheorien formuliert, die auf einer tiefgreifenden Synthese von Physik, Geometrie (Topologie) und Analysis beruhen.

Dabei weist die Mathematik eine besondere Eigenschaft auf: Auch wenn mathematische Erkenntnisse in ihrer deduktiven Natur einen anderen Wahrheitsgrad haben als empirische Einsichten, und somit Bestand haben, so ist doch die Mathematik als Wissenschaft stets wandelbar und kann sich neuen Anforderungen anpassen. Diese Anpassungsfähigkeit muss folglich auch ein Forschungsinstitut, welches sich der Mathematik in den Naturwissenschaften verschreibt, leisten.

Dabei konzentrieren wir uns auf ausgewählte Themen, wobei solche im Vordergrund stehen, die von grundlegender Bedeutung für Anwendungen und Potenzial für die tiefe und spannende Mathematik sind. Wir binden uns insbesondere nicht an bestimmte Teilgebiete, sondern suchen allgemein nach dem, was wissenschaftlich fruchtbar und nachhaltig ist. Was letztlich zählt, ist die mathematische Tiefe und wissenschaftliche Kreativität.

Institutsgeschichte

Das Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (Max Planck Institute for Mathematics in the Sciences, abgekürzt MPI MiS) wurde 1996 als Institut der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. (MPG) gegründet. Am 1. März desselben Jahres öffnete es seine Türen in der Inselstraße 22 in Leipzig.

Die Wahl von Leipzig als Standort für das neue Institut wurde durch das herausragende wissenschaftliche und persönliche Ansehen von Eberhard Zeidler beeinflusst. Zeidler, der an der Universität Leipzig tätig war, spielte eine führende Rolle bei deren Erneuerung nach der Wende. Er verstarb im Jahr 2016, doch seine Vision einer engen Verbindung zwischen Mathematik und theoretischer Physik, die sein wissenschaftliches Leben prägte, hatte einen bleibenden Einfluss auf unser Institut. Am 6. Oktober 2017, seinem 77. Geburtstag, gedachte das Institut seiner in einer Gedenkkonferenz. Anlässlich dieser Feierlichkeit wurde die Institutsbibliothek in "Eberhard-Zeidler-Bibliothek" umbenannt.

Zur Gründung des Instituts wurden neben Eberhard Zeidler noch Jürgen Jost von der Ruhr-Universität Bochum und Stefan Müller von der ETH Zürich berufen. Jürgen Jost, dessen Forschungsschwerpunkte in der Riemannschen und Kählerschen Geometrie sowie der geometrischen Analysis lagen, erweiterte seine Perspektive später auch auf die mathematische Biologie und Neurobiologie. Er entwickelte neue Methoden aus Geometrie und Topologie zur Untersuchung komplexer Systeme. Stefan Müller, der das Institut 2008 verließ, begründete ein neues Forschungsfeld am Schnittpunkt von Phasenübergängen in den Materialwissenschaften, nichtkonvexer Variationsrechnung und geometrischer Analyse.

Im Jahr 1999 wurde das Institut um eine vierte Abteilung erweitert. Mit der Berufung von Wolfgang Hackbusch konnte das wissenschaftliche Rechnen und die numerische Analysis als weiterer wichtiger Aspekt der Mathematik in den Naturwissenschaften am Institut vertreten werden. Wolfgang Hackbusch wurde 2013 emeritiert.

Die enge Kooperation mit der Universität Leipzig ermöglichte es dem Institut, von Beginn an junge Nachwuchswissenschaftler auf ihrem Weg zur Promotion zu begleiten. Viele von ihnen wurden zu erfolgreichen Vertretern ihres Fachgebiets und prägten die Entwicklung der Mathematik in den Naturwissenschaften. Eine neue Qualität erhielt diese Zusammenarbeit mit der Gründung der gemeinsamen Graduiertenschule "International Max Planck Research School Mathematics in the Sciences" (IMPRS) im Jahr 2005. Seitdem bilden die Universität Leipzig und das MPI MiS gemeinsam Doktorandinnen und Doktoranden aus.

Nach der Pensionierung von Eberhard Zeidler wurde Felix Otto im Jahr 2010 berufen. Otto, bekannt für seine Arbeiten zur Verbindung von optimalem Transport, Diffusion und Gradientenflüssen, widmete sich der Aufgabe, Zufälligkeit in Kontinuumsmodellen zu beherrschen. Im Jahr 2017 konnte das Institut Bernd Sturmfels aus Berkeley als Direktor gewinnen. Sturmfels, ein Experte in kommutativer Algebra, Kombinatorik und algebraischer Geometrie, eröffnete eine völlig neue Richtung am MPI MiS. Er entwickelt Werkzeuge aus der Algebra für neue Ansätze in der Statistik und Datenanalyse und setzt sich in jüngster Zeit auch für die Tradition des Instituts ein, geometrische Methoden und Prinzipien in den Dienst der Physik zu stellen.

Im Jahr 2022 wurde der Generationswechsel am Institut mit der Berufung von László Székelyhidi und Anna Wienhard abgeschlossen. Székelyhidi, ein ehemaliger Doktorand von Stefan Müller, ist bekannt für seine erfolgreiche Anwendung von partiellen Differentialgleichungen und Variationsrechnung, insbesondere der konvexen Integration, auf Probleme der Fluiddynamik. Anna Wienhard, die als Nachfolgerin von Jürgen Jost berufen wurde, gilt als Expertin für das Verständnis der Deformation geometrischer Strukturen, der sogenannten höheren Teichmüller-Theorie. Sie wendet differentialgeometrische Erkenntnisse und Methoden auf Probleme der Datenanalyse an. Mit der Berufung von Anna Wienhard gelang es der MPG erstmals, eine Mathematikerin als Direktorin eines Max-Planck-Instituts zu berufen.

Neben den Forschungsgruppen des Direktoriums wird das wissenschaftliche Profil des Instituts auch von unseren Max-Planck-Forschungsgruppen geprägt. Diese Gruppen dienen der Nachwuchsförderung und bieten vielversprechenden jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Gelegenheit, erste eigene Schritte im Leiten einer Gruppe zu machen. Ziel ist es, mathematische Talente auf dem Weg zur Professur zu begleiten und bestmöglich zu unterstützen.

Heute zählt das MPI MiS zu den renommiertesten mathematischen Forschungseinrichtungen weltweit. Dieser Erfolg ist das Ergebnis des Engagements und der Innovationen zahlreicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das Institut seit seiner Gründung mit wegweisenden Forschungsprojekten, erfolgreichen Promotionen und bedeutenden Forschungsergebnissen begleitet haben. Unser besonderer Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, Bibliothek, IT und im wissenschaftlichen Service, die mit ihrem Engagement und ihrer Expertise dazu beitragen, unser Institut zu einer perfekt funktionierenden Wissenschaftseinrichtung zu machen. Mit unseren herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, unseren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie unseren innovativen Forschungsprojekten sind wir gut aufgestellt, um auch in Zukunft die Mathematik in den Naturwissenschaften weiter voranzutreiben.