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Forschung

Was ist Bewusstsein? – Aktuelle Arbeit von Jürgen Jost

Veröffentlicht am 20.08.2021

Bewusstsein ist ein sehr subjektiv empfundenes Phänomen, das unter Wissenschaftlern und Philosophen nach wie vor heftig debattiert wird. Obwohl es mit neurophysiologischen Prozessen und neuroanatomischen Strukturen einhergeht, bleibt seine genaue Natur schwer zu ergründen. In seiner neuesten Veröffentlichung beleuchtet unser Direktor Jürgen Jost die sehr unterschiedlichen Aspekte des Bewusstseins aus dem konzeptionellen Blickwinkel der Informationstheorie.

Die wissenschaftliche Betrachtung des Bewusstseins wirft eine ganze Reihe von Fragen auf: Inwieweit können Tiere ein Bewusstsein haben? Hängt das Bewusstsein von neuronaler Wetware ab? Und wenn nicht, könnten Computer oder Computerprogramme dann möglicherweise ein Bewusstsein entwickeln? Worin besteht der qualitative Unterschied zwischen dem menschlichen Gehirn und denen anderer Säugetiere? Könnten andere Gehirnstrukturen, wie beispielweise von Vögeln oder Kopffüßern, die durchaus intelligente Verhaltensweisen entwickelt haben, Formen des Bewusstseins hervorbringen, die sich möglicherweise stark von der unseren unterscheiden?

Jürgen Jost nähert sich dem Phänomen des Bewusstseins mit Hilfe grundlegender Prinzipien aus der Informations- und Komplexitätstheorie, um einige wichtige konzeptionelle Fragestellungen in der Diskussion über das Bewusstsein zu klären. Sein Ziel ist es nicht, eine formale Theorie des Bewusstseins zu entwickeln, sondern zu verdeutlichen, dass unser Denken durch informationstheoretische Prinzipien geleitet wird.

Die zentralen Schlussfolgerungen seiner Arbeit sind:

  • Das Bewusstsein verarbeitet Informationen, die im Gehirn und in der unmittelbaren Umgebung verteilt sind. Dies schließt die jüngste Vergangenheit ein und antizipiert die nahe Zukunft auf einer Zeitskala, die an die Anforderungen für Reaktionen auf äußere Reize angepasst ist. So gelingt es, eine einzelne Handlung auf der Grundlage einer Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Reizinterpretationen auszuwählen.
  • Das Vorangegangene ist durch Komplexitätsmaße quantifizierbar, die Korrelationen höherer Ordnung in der Aktivität verschiedener Gehirnregionen bewerten.
  • Die Herausbildung des Bewusstseins hängt von Resonanzen zwischen Sinneseindrücken und Handlungen ab. Selbstbewusstsein kann sich daher nur im Kontext von Interaktionen mit anderen bewussten Individuen entwickeln.
  • Wir erleben Qualia, beispielsweise die mit einer Farbe verbundenen Gefühle, weil solche Qualia Informationen über frühere Erfahrungen mit dieser Farbe effizient komprimieren.

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