Forschung und Innovation sind entscheidend für Europas Zukunft. Die Diskussionsrunde mit dem französischen Mathematiker und ehemaligen Präsidenten des Europäischen Forschungsrats Prof. Jean-Pierre Bourguignon beleuchtet zentrale Themen der Wissenschaftspolitik, wie beispielsweise Exzellenzförderung, die Rolle außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, die Bedeutung mathematischer Institute für den wissenschaftlichen Fortschritt und Auswirkungen politischer Entwicklungen auf die Forschungspolitik.
Podiumsgespräch & Diskussion
Moderation: Prof. Dr. Anna Wienhard & Prof. Dr. Felix Otto
Jean-Pierre Bourguignon zählt zu den renommiertesten französischen Mathematikern und ist insbesondere für seine wegweisenden Beiträge zur Differentialgeometrie, globalen Analysis und mathematischen Physik bekannt. Mit seinem Wirken prägte er die moderne Mathematik maßgeblich und setzte wichtige Impulse für den interdisziplinären Austausch in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft.
Bourguignon war von 2014 bis 2019 sowie 2020/21 (interim) Präsident des Europäischen Forschungsrats (ERC). Zuvor war er Direktor eines der renommiertesten Forschungsinstitute für Mathematik und theoretische Physik, das Institut des Hautes Études Scientifiques (IHES) in Bures-sur-Yvette (Frankreich) und Professor an der École polytechnique. Von 1969 bis 2013 war er als Forscher am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) tätig. Unter anderen Verantwortlichkeiten war er der Nachfolger von Prof. Dr. Friedrich Hirzebruch als zweiter Präsident der Europäischen Mathematischen Gesellschaft (EMS). Für seine herausragenden Leistungen und sein Engagement für die Wissenschaft wurde er mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt.
Das Erdsystem zeichnet sich durch eine multi-skalige natürliche Dynamik aus, die aus internen Rückkopplungen ihrer Komponenten wie auch aus externen Einflüssen resultiert. Zusätzlich vollzieht es gerade einen substantiellen Wandel, der wesentlich anthropogenen Ursprungs ist. Als Folge erleben wir eine bedrohliche Zunahme an besonders extremen Klimaereignissen, wie Hitzewellen, Starkregen, oder Stürme. Zudem kommt das Erdsystem seinen Stabilitätsgrenzen immer näher und das Risiko des Kippens hoch-sensibler Regionen, wie Amazonien oder Antarktis, in andersartiges Verhalten nimmt signifikant zu.
In diesem Vortrag werden zunächst einige dieser Phänomene dargelegt und aktuelle Herausforderungen aufgezeigt. Dann wird erörtert, inwieweit mittels moderner Methoden aus der Mathematik, insbesondere Netzwerk-basierte Ansätze, neue Einsichten über Mechanismen derartiger komplexer Dynamik ableitbar sind. Dem schließt sich eine kritische Diskussion zu deren Potenzial für eine verbesserte Vorhersagbarkeit extremer Klimaereignisse an.
In der Quanten-Welt, der Welt der Atome und Elektronen, existieren faszinierende und rätselhafte Phänomene, die im Widerspruch zu vielen Erfahrungen unseres täglichen Lebens stehen. Diese Phänomene besitzen das Potential, viele Aspekte unseres Lebens zu revolutionieren: Sie können uns helfen, Energie über Tausende von Kilometern zu transferieren oder neue Quanten-Computer zu entwickeln.
In diesem Vortrag wird Prof. Morr Sie in das mysteriöse Verhalten der Quanten-Welt einführen. Sie werden sehen, wie Atome Wellen erzeugen, warum man eigentlich nie genau weiß, wo man gerade ist, wie man die Quanten-Trommel spielt, und warum es leicht ist, Quanten-Bilder zu machen, wenn man schon einmal in der St. Pauls’ Kathedrale in London war.
Die Rechenbücher des frühen 16. Jahrhunderts – darunter die von Adam Ries, der in Annaberg in Sachsen eine Rechenschule betrieb – haben die Deutschen mit der Fähigkeit ausgestattet, ihre Zahlen-Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Das war ein wichtiger Schritt zu mehr Autonomie im eigenen Handeln – und die Chance, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Nun ist über die Jahrhunderte die Mathematik, die in unser Leben eingreift, etwas komplizierter und immer umfassender geworden. Wie autonom sind wir, können wir sein in den Zeiten von professionellen Prognosen und Simulationen, Data Mining und Risikoanalysen? Ist uns Einzelnen das Heft des Handelns wieder aus der Hand genommen worden? Und nehmen mathematische Analysen inzwischen auch der Politik alle Entscheidungsspielräume?
Die Mathematik hat den Ruf, die exakteste Wissenschaft zu sein, und das mit Recht. Es stellt sich aber die Frage, was damit gemeint ist. Beweisen die Mathematiker, in dem sie eine lückenlose Kette logischer Operationen durchführen? Wenn nein, woher kommt die Gewissheit, dass mathematische Sätze wahr sind? Diese Veranstaltung wird einen Einblick in die Welt des aktuellen Forschens geben.
„Wenn Sie einen Job in Hollywood wollen, studieren Sie Mathematik“. Dieser Satz stammt von dem Mathematikprofessor Tony Chan an der University of California in Los Angeles, der Stadt, in der Hollywood liegt. In der Tat spielt Mathematik heute eine enorme, aber dennoch fast unsichtbare Rolle bei der Herstellung von Filmen. Und zwar nicht nur von comic-artigen Filmen wie „Toys“, sondern auch von Spielfilmen wie „Titanic“ oder „Herr der Ringe“. Der Vortrag wird Ausschnitte aus diesen Filmen zeigen und die Rolle der Mathematik darin erklären. Ganz nebenbei wird er auch noch eine Idee vermitteln, wie man die hochkomplizierten Gleichungen, partielle Differentialgleichungen auf dem Computer anpackt. Abschließend wird die Anwendung dieser Gleichungen auf die Simulation von Tsunamis dargestellt: das ist dann nicht mehr Hollywood!
Peter Deuflhard ist einer der profiliertesten Angewandten Mathematiker Deutschlands. Er ist Präsident des Berliner Zuse-Instituts seit dessen Gründung 1987 sowie einer der Gründer des Berliner Forschungsinstituts Matheon. Mehrere Forschungspreise für seine Leistungen in der Mathematik und ihren Anwendungen wurden ihm zuerkannt sowie die Ehrendoktorschaft der Universität Genf und die Mitgliedschaft in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Im Jahr der Mathematik 2008 war er deutschlandweit einer der begehrtesten Festredner.
Die Experimente des Mathematikums zeichnen sich - unter anderem - durch zwei Eigenschaften aus: Zum einen sehen sie technisch ganz einfach aus und zum andern regen sie zum Denken an. Ganz ähnlich sind die Experimente, die in dem Vortrag gezeigt werden. Diese sind technisch wirklich einfach; man kann sie sofort nachmachen. Und sie regen in unglaublicher Weise Gedanken an; sie erzeugen Vorstellungen und vermitteln Erkenntnisse. Und nicht zuletzt ergibt sich daraus ein großes Vergnügen.
Albrecht Beutelspacher hat in Tübingen Mathematik, Physik und Philosophie studiert. Nach der Assistentenzeit an der Universität Mainz und einem dreijährigen Gastspiel in der Industrie ist er seit 1988 Professor an der Universität Gießen und seit 2002 Leiter des Mathematikums in Gießen. Für seine Verdienste um die Popularisierung der Mathematik erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, so 2002 den Communicator-Preis der DFG und 2008 den Hessischen Kulturpreis.
Seit vielen Jahrhunderten sind die Naturwissenschaften ein wesentlicher Motor für die Entwicklung der Mathematik, und viele mathematische Entdeckungen verdankt die Welt dem Streben nach der Erkenntnis der Welt um uns herum. Auf der anderen Seite war es oft erst die Mathematik, die wichtige physikalische Zusammenhänge verständlich machte.